Ein Kino der herkömmlichen Art sucht man in der Lößnitzstadt vergebens. Von einstmals vier Kinos existiert in Radebeul – einem Ort mit knapp 34.000 Einwohnern – kein einziges mehr. Die letzte Vorstellung fand im Filmtheater „Union“ (Bild), liebevoll „Flohkiste“ genannt, im Jahr 1993 statt. Alle bisherigen Versuche, in Radebeul wieder ein Filmtheater zu etablieren, sind gescheitert.

Stattdessen wurden in Radebeul die Filmreihen „Literaturkino“ und „Traumfabrik“ ins Leben gerufen, welche beim filminteressierten Publikum auf große Resonanz gestoßen sind. Auch die „Cineasten“ engagieren sich im Bereich der Filmkultur und starteten 2022 die neue Veranstaltungsreihe „Film Club Mobil“. Vereine und Einrichtungen der Stadt sowie private Kulturaktive hatten ihr Interesse als Mitveranstalter signalisiert und stellen nun an wechselnden Orten, Räumlichkeiten für Aufführungen und Gespräche zur Verfügung. 

Im Jahr 2023 sind fünf thematische Filmclubabende in Radebeul-Naundorf (Heimatstube, Kunstscheune), Radebeul-Kötzschenbroda (Stadtgalerie, Alchimistenkeller) und Radebeul-Ost (Kulturetage) geplant. Gezeigt werden vorwiegend Filme aus dem reichen Bestand der DEFA-Stiftung. Darüber hinaus gibt es erstmals eine Kooperation mit dem Institut français. Die Filmabende widmen sich jeweils einer bestimmten Thematik, die sich aus dem Hauptfilm ergibt. Ergänzend werden Dokumentationen gezeigt, die zum jeweiligen Film in einer produktiven Beziehung stehen.Rege Diskussionen sind ausdrücklich erwünscht.

PROGRAMM FilmClubMobil 2023

Alle Termine im Überblick

05. Oktober, 19:30 UhrStadtgalerie Radebeul
8. Thematischer Filmclubabend: DEFA-Film „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“, 1973/1974,
anschließend Filmgespräch.
Ort: Altkötzschenbroda 21, 01445 Radebeul

Das Wanderkino Film Club Mobil ist am 5. Oktober 2023 um 19.30 Uhr in der Stadtgalerie Radebeul zu Gast. Gezeigt wird der DEFA-Klassiker „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“, welcher 1974 Premiere hatte. Bis zur kleinsten Nebenrolle ist dieser leise Episodenfilm über einen freischaffenden Bildenden Künstler hochkarätig besetzt. Der Regisseur Konrad Wolf (1925–1982) hatte dabei den Bildhauer Werner Stötzer (1931–2010) vor Augen, der im Film selbst eine kleine Rolle spielt. Aber auch durch die wechselvolle Biografie von Konrad Wolf wurde dieser Film geprägt. 

In der Hauptrolle brilliert der Schauspieler Kurt Böwe (1929–2000). Dieser beschreibt Stötzer als eigenartigen, humorigen und hintergründigen Typ. In Vorbereitung auf seine Rolle wohnte er eine Woche bei Stötzer. Sowohl der Schauspieler als auch der Bildhauer sind gewissenhafte Beobachtungsmenschen. Der Film wirkt sehr authentisch und lässt viel Raum für das Unausgesprochene. Der nahezu dokumentarische Realismus spiegelt sehr feinfühlig den Alltag jener Zeit. Der Film entstand 1973, in der hoffnungsvollen Übergangszeit von der Ulbricht-Ära zur Honecker-Ära, welcher schon bald eine neue Phase der Agonie folgen sollte. Vor allem in Konrad Wolfs späten Werken klingen immer wieder kritische Töne gegen die Beeinflussung der Kunst durch die Politik an. Gedreht wurde u. a. in Stötzers Geburtsstadt Steinach, wo tatsächlich auch „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“ zu sehen ist.

Über den FilmDer nackte Mann auf dem Sportplatz
1973/74, DDR, DEFA, Künstlerische Arbeitsgruppe „Babelsberg“, 101 Minuten, FSK 6

Regie: Konrad Wolf; Drehbuch: Wolfgang Kohlhaase, Gerhard Wolf;
Musik: Karl-Ernst Sasse; Kamera: Werner Bergmann; Schnitt: Evelyn Carow;

Besetzung (Auswahl): Kurt Böwe als Kemmel, Ursula Karusseit als Gisa Kemmel, Martin Trettau als Hannes und in weiteren Rollen: Elsa Grube-Deister, Marga Legal, Ute Lubosch, Vera Oelschlegel, Erika Pelikowsky, Katharina Thalbach, Ursula Werner, Reimar Johannes Baur, Gerhard Bienert, Dieter Franke, Matti Geschonneck, Wolfgang Heinz, Rolf Hoppe, Thomas Langhoff, Walter Lendrich, Dieter Mann, Günter Schubert, Jaecki Schwarz, Werner Stötzer, Hans-Joachim Wolle… 

Zur Handlung: Der eigensinnige und wortkarge Bildhauer Kemmel befindet sich in einer Schaffenskrise. Ein von ihm gestaltetes Relief hatte man nicht aufgestellt, sondern abgestellt – im Feuerwehrturm. Es würde zu wenig Schwung und Optimismus ausstrahlen, erklärte ihm die LPG-Vorsitzende. Für die Arbeit an einer Büste sollte der ehemalige Wismut-Arbeiter Hannes Modell sitzen, der aber zunächst ablehnte. So nach und nach entwickelt sich zwischen beiden eine spröde, immer besser werdende, Beziehung. Trotzdem misslingt auch dieses Werk.

Unerwartet kommt eine Delegation vom Sportclub aus dem Heimatort in Kemmels Atelier. Gewünscht wird ein Ehrenmal, möglichst mit der realistischen figürlichen Darstellung ihres „Idols“, dem jüngst verstorbenen ehemaligen Torwart. Kemmel nimmt den Auftrag an. Doch zur Enthüllung gibt es einen Eklat, denn der dargestellte Sportler ist kein Fußballer und noch schlimmer – er ist nackt. Es dauert einige Zeit, bis das Kunstwerk akzeptiert wird. Schließlich erhält Kemmel einige Fotos, auf denen zwei lachende Mädchen neben dem „nackten Mann“ zu sehen sind. Kunst braucht eben Verständnis und kein Feigenblatt!

Karin Baum und Michael Heuser
Sprecher der Cineastengruppe „Film Club Mobil“ im Radebeuler Kultur e.V.

Anmerkung: unter Verwendung von verschiedenen Filmbegleitmaterialien und Wikipedia-Eintragungen

Weitere Termine:

21. Dezember Hohlkehle, Kulturetage 
Kurzfilmnacht mit Kurzkonzerten
Ort: Meißner Straße 21, 01445 Radebeul

Diese und weitere Termine unseres Vereins finden Sie im Veranstaltungskalender.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!
Karin Baum und Michael Heuser
Sprecher der Cineastengruppe „Film Club Mobil“ im Radebeuler Kultur e.V.

Hier sehen Sie Impressionen vergangener Veranstaltungen
(Fotos: Karin Baum):

Wir freuen uns auf ein Wiedersehen und laden Sie herzlich dazu ein.

7. Thematischer Filmclubabend | 31. August 2023 | Kunstscheune Alt-Naundorf
Wir begrüßten die Schauspielerin Monika Hildebrand, die an diesem Abend zu Gast war.

Impressionen Filmclub im Alchemistenkeller:

Filmclub in der Heimatstube Naundorf mit Begleitprogramm:

Filmclub im Kulturbahnhof mit Begleitprogramm:

Filmclub in der Kunstscheune Altnaundorf:

Filmclub in der Stadtgalerie: